Digitalzwang: „Alle“ haben WhatsApp

Eine Freundin meiner Frau ist ratlos, denn ihre schulpflichtigen Kids wollen WhatsApp, weil es eben „alle“ haben. Wer kennt das nicht?! Bei dem was die Eltern vorleben. Digitalcourage setzt sich u.a. für das analoge Leben von Menschen ein, die es nicht möchten oder wollen, alles digital zu müssen (Vermeidung von Digitalzwang). Wie Rena Tangens es so schön mal in „Hier und Heute“ (04. Juni 2024) sinnbildlich gesagt hat, sind wir Nerds, die Rechner und technische Errungenschaften gerne nutzen, aber wir achten eben auch darauf, dass die, die sich das nicht leisten können oder es auch aus Überzeugung ablehnen, in der Lage sind am Leben teilhaben zu können.

Sozial- und Digitalzwang

Hier ist es quasi noch eine Stufe schlimmer, denn alle Stundenausfälle, Treffen nach der Schule etc. gehen über die WhatsApp-Gruppe und spülen damit die Daten der jungen Menschen direkt in die Datenkrake von Mark Zuckerberg. Jetzt, wo die Daten noch mehr für AI/KI/ML ausgeschlachtet werden sollen, noch schlimmer. WhatsApp ist eigentlich erst ab 16 Jahren freigegeben, aber das ignoriert mal jede.r dieser Eltern – anscheinend. Es geht auch nicht um die Inhalte der Chats, sondern um die Metadaten („Metadaten haben uns verraten„), die Beziehungen zueinenader und untereinander recht gut abbilden können. Das ist so, als würde jemand wissen, wen sie wann, wo, wodurch und warum kennengelernt haben, wie lange sie miteinander quatschen usw. – wir akzeptieren das in der analogen Welt nicht, aber in der digitalen? Ernst? Zudem werden die Daten des Adressbuchs auf Mark Zuckerbergs Imperium (Instagram, FaceBook, WhatsApp) hochgeladen – andere Messenger lösen das anders durch Kryptografie oder speichern diese Daten erst gar nicht!

Schöner wäre es natürlich, wenn diese Informationen persönlich verteilt werden, aber man kann sich der Welt nicht verschließen und wenn, dann bitte aber mit der notwendigen Sorgfalt auch das Werkzeug auswählen und nicht nur weil es „alle“ so machen!

Ich habe ja schon vor längerer Zeit WhatsApp deinstalliert und kann sehr gut damit umgehen, aber ich habe mein soziales Umfeld, meine Vorlieben ausgeprägt usw. Die jungen Menschen haben das alles nicht und ihr Profil ist auch noch recht sauber, während das der alten Nerds schon sehr gut „vermessen“ ist.

Alternativen prüfen – auf Elternabenden

Ich bin kein Fan von Themen, die man anders regeln könnte, auf einem Elternabend zu besprechen, aber das wird meine Empfehlung sein. Wenn die Eltern nicht wissen, was digitaler Sozialzwang ist, dann werden es die Kids zu spät lernen. Digitale Selbstverteidigung muss man früh lernen, wie man auch im analogen Leben gelernt hat, auf Gefahren zu achten, Menschen zu meiden, wo das Bauchgefühl „nein sagt“ etc. Die jetzige Elterngeneration ist in das Informationszeitalter nicht geboren worden, sondern sie haben es im Alter gelernt damit umzugehen – meistens, sorry, schlecht. Die „sozialen“ Netze zeigen wie schlecht! Die Nerds hatten und haben Netiquetten, ethische Grundsätze und haben sich auch mal gefetzt, aber es war, so meine retrospektivische Nachbetrachtung, selten unter der Gürtellinie.

Was spricht dagegen kindergerechte Messenger zu nehmen, die bspw. eben diese Metadaten nicht bei einem Anbieter speichern? SIGNAL ist bspw. kostenlos für die modernen mobilen und Desktop-Betriebssysteme erhältlich und kann mit dem Einverständnis der Eltern genutzt werden. Der Quelltext der Software ist offen und es finden oft genug Prüfungen durch unabhängige Entwickler.innen und Nerds statt.

Würde mich freuen, wenn einige Eltern mal über meine Anmerkungen nachdenken und handeln.

Ausstieg aus WhatsApp

Da Autobahnen heutzutage auch mal früher fertig werden und meine wesentlichen Kontakte auch auf anderen Messenger-Diensten erreichbar sind, wurde der Ausstieg aus WhatsApp um  6 Tage vorverlegt

Ich bin aus Facebook ausgestiegen (2018), aus Twitter (2020) und nun ist auch WhatsApp Geschichte.

Warum?

Ich musste mit ansehen, wie Google die Geschäftsidee eines guten Entwicklers platt machte, als sie Google Maps ins Leben riefen und Earthbrowser (Internet Archiv 7.2.2005, einen Tag bevor Google Maps online ging) starb. Der Mann hatte seine Familie mit seiner Dienstleistung ernährt. Die Konzentration wichtiger Services auf nur einen Anbieter ist und bleibt bleibt ein Monopol in vielerlei Hinsicht niemals gut für Verbraucher.innen. Preise, Funktionsumfang, Zulassung zu Services und damit vielfältige Meinungen begrenzen etc. Wir kennen das.

Monopole sind niemals gut

Insofern obliegt es uns selbst diese Monopolbildung zu stören, indem wir Alternativen aktiv fördern. Ich möchte also garnicht, dass alle zum Fediverse wechseln, sondern ich würde mir nur wünschen, dass es genügend sind, damit es auch neutral[er]e Meinungen, nicht gesteuerte Aussagen und kritische Hinterfragungen auch zukünftig noch gibt.

Bei IT-Technik ist es auch ratsam, dass es neben einem großen auch mindestens noch ein paar kleinere Anbieter gibt, die manchmal auch so groß werden, um dem Großen seinen Grenzen aufzuzeigen. Die Welt, wo es nur WinDO[w]S als Platzhirsch gab und die lahme Ente IBM mit OS/2 einfach zu schwerfällig und Apple mit MacOS zu arrogant war, möchte ich nicht wiederhaben.

Qualität #1

Windows ist und bleibt Mist, aber Linux ist da mal keine Alternative für Endverbraucher.innen. Egal was die Dogmatiker der freien Software mir sagen. Ich möchte Qualität und dazu gehört auch stressfreier Spaß mit Technik und davon ist kinderUnix seit Jahren weit entfernt. Es ist für technikaffine Menschen sicherlich zugänglich, aber eben nicht für non-Teckies. Apple hat viele aus der Medienbranche als Fangemeinde, aber das wird die Kritik schon laut werden lassen, wenn sie von ihrem einst eigenschlagenen Weg abweichen und den Schutz der persönlichen Daten auch nur einen Milimeter abbauen wollen. Es bleibt abzuwarten, ob es da neues Ungemach gibt, aber Apple ist da in einer anderen Liga als das Zuckerberg-Imperium, dass sein Geschäftsmodell auf den Handel mit Daten aufbaut.